PUBLIKATIONSLISTE
I. Ausbildung-Berufseinstieg
(50er Jahre bis 1965)
II. Wissenschaftliche
Tätigkeit (ab 1962)
III. Raumentwicklungspolitik
(1965–1975)
IV. Finanzminister-Rücktritt (1975–1978)
V. Tätigkeiten nach Ausscheiden aus der
Landesregierung
 
 

Friedrich Halstenberg
Friedrich Halstenbergs Wirken war ein wissenschaftliches und politisches Leben zwischen Raum und Finanzen oder auch langfristiger Rationalität und kurzatmiger Opportunität. Er arbeitete zunächst in dem Fachgebiet Raumordnung und Landesplanung durch Forschung und Lehre, in vielfältiger beruflicher Praxis und schließlich in politischer Verantwortung. Es folgten die Aufgaben eines Finanzministers von Nordrhein-Westfalen und eines Schatzmeisters der SPD.

Geboren wurde Halstenberg am 12. Juni 1920 in Werfen im Kreis Herford in Ostwestfalen. Prägende Erinnerung an seine Kind- und Jugendzeit war die Wortkargheit in seiner Heimat. Er besuchte Volksschule und Realgymnasium, machte 1938 Abitur und war dann Soldat.
Die Schreckenserfahrungen des Zweiten Weltkriegs haben ihn nie losgelassen, das zeigte er vor allem im Gespräch mit Jüngeren. Nach dem Krieg folgten das Studium der Rechtswissen
schaften an den Universitäten Göttingen, Köln und Bonn, das erste juristisches Staatsexamen 1950 in Köln, das zweite 1955 in Düsseldorf, die Promotion 1957 an der Universität Köln zum Dr. jur. mit dem Thema "Das Verfahren der parlamentarischen Untersuchung nach Artikel 44 des Grundgesetzes unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses zur Gerichtsbarkeit".

Schon nach dem ersten Staatsexamen arbeitete er 1951/1952 wissenschaftlich beim Deutschen Städtetag, 1954 bis 1962 war er Generalsekretär des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumplanung, 1959 bis 1962 Beigeordneter und Chefsyndikus des Verbandes Kommunaler Unternehmen.

1962 begann die universitäre Tätigkeit, Halstenberg wurde Honorarprofessor mit Lehrauftrag an der Technischen Universität Hannover, 1968 auch an der Fakultät Raumplanung der neu gegründeten Universität Dortmund. 1970 trug er mit seinem gebündelten Fachwissen zum ersten "Handwörterbuch der Raumforschung und Raumordnung" bei, mit dem Artikel "Raumordungsrecht".

Ebenfalls 1962 wurde er Ministerialdirigent und Leiter der Abteilung Städtebau und Raumordnung im Bundeswohnungsbauministerium.

1965 ging er in die Agglomeration Ruhr. Er wurde Verbandsdirektor des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk (SVR). In seine nur einjährige Amtszeit fiel am 1. Juli 1966 die Verab-schiedung des Gebietsentwicklungsplans des SVR, des ersten integrierten Regionalplans für die Ruhr-Agglomeration.

Mit dem Regierungswechsel in NRW 1966 von der Regierung Franz Meyers (CDU) zur Regierung Heinz Kühn (SPD) wurde er Staatssekretär und Chef der Staatskanzlei. In dieser Funktion war er fachlich prägend verantwortlich für das Entwicklungsprogramm Ruhr 1968-1973, vorgestellt im März 1968, 15 Monate nach dem Regierungswechsel. Es ist bis heute ein fast einzigartiges integriertes räumliches und finanzielles Entwicklungsprogramm, das die Umgestaltung einer montanindustriellen Agglomeration bei heraufziehendem strukturellem Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft anstieß. Das Entwicklungsprogramm Ruhr ist gemessen an vielen anderen räumlichen Konzepten von einer unvergleichlichen räumlichen und thematischen Dimension und so immer noch zukunftsrelevant. Dem Entwicklungsprogramm Ruhr folgte des Nordrhein-Westfalen Programm1970-75. Es musste allgemeiner sein und konnte deshalb nicht raumentwicklungspolitische Genauigkeit besitzen. Dennoch bleibt auch dieses Programm exemplarisch für den Versuch planvollen staatlichen Handelns auf Landesebene.

Im Juli 1972 rückte Halstenberg über die Landesliste in den Landtag von Nordrhein-Westfalen nach. Jetzt wurde er Minister für Bundesangelegenheiten und blieb dabei Chef der Staatskanzlei.

Halstenberg machte den Versuch, die fachliche und räumliche Planung des Landes fiskalisch umzusetzen. In dieser Konsequenz wurde er 1975 Finanzminister. Hier war er weiter um Rationalität und Transparenz bemüht, letztlich ohne Erfolg. Liberale Ideologie und sich ausbreitende wissenschaftliche Skepsis standen panvollen Politikkonzepten entgegen. Halstenberg fasste seine Erfahrungen in der melancholischen Weisheit zusammen, es sei das Irrationale an Rationalisten in einer irrationalen Welt rational handeln zu wollen.

Sein Rücktritt als Finanzminister 1978 wirkt heute als ein Vorzeichen fiskalischer Desaster globaler Dimension. Konkret scheiterte er mit dem Versuch, das "weltläufige Geld-Business" der Westdeutschen Landesbank "unter angemessene Kontrolle zu zwingen" - Zitate des SPIEGELS vom 19.12.1977. Dem so wissend-kritischen SPIEGEL, selbstverständlich dem WestLBanker Ludwig Poullain und liberaler Ideologie missfiel das, die FDP drohte mit Koalitionsbruch, Halstenberg ging. Mitglied des Landtags blieb er bis zur Wahl 1980.
Nach dem Rücktritt wurde er Schatzmeister der SPD, bis 1984. Danach beriet er von 1991 bis 1995 die Landesregierung von Brandenburg.
Schließlich widmete er sich, jetzt wissenschaftlich, wieder der Finanzpolitik mit dem Buch "Staatsverschuldung. Eine gewagte Finanzstrategie gefährdet unser Gemeinwesen" 2001. Halstenberg war noch einmal seiner Zeit voraus - wie seit der globalen Finanzkrise 2008 und ihren Folgen in Europa zu erkennen ist.

Er war Mitglied der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL), der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL) und der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES).

Friedrich Halstenberg starb am 3. November 2010 in Köln.
Sein Grab befindet sich auf dem Südfriedhof in Bonn.

Christoph Zöpel

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